Symposium "Begabungen ENTWICKELN & Kreativität FÖRDERN" am 16./17.05.2014

Programm

Abstracts und Hinweise zu einzelnen Veranstaltungen

16. Mai 2014, 13:15-14:30 Uhr
Vortrag / Begabungsentwicklung und Kreativität aus Sicht der Neurowissenschaften
Prof. Dr. Aljoscha Neubauer (Universität Graz)

Begabung ist ein Potenzial, das im Gehirn teilweise auch genetisch angelegt ist, das sich aber nur dann zum Talent entwickelt, wenn es erkannt und gefördert wird. Wissenserwerb bzw. der Aufbau von Expertise in einer Domäne gelingen nur, wenn förderliche Umweltfaktoren und intrapersonale Katalysatoren wie Leistungsmotivation, Selbstdisziplin, Ausdauer wirken. Lernen und Expertiseerwerb verändern das Gehirn und machen es effizienter. Außerdem schaffen sie die Grundlage für "kreative Gehirnzustände". Inzwischen sind auch die "Zutaten" für außergewöhnliche kreative Leistungen bekannt. Neben Wissen / Expertise und Intelligenz sind dies eine hohes Potenzial zum "divergenten", also vielfältigen Denken und eine hohe intellektuelle Offenheit. Wenn diese Faktoren gegeben sind, können kreative Gehirnzustände und Leistungen durch verschiedene Techniken erreicht werden. Da gerade Kreativität und Innovation in unseren rohstoffarmen Volkswirtschaften die zentrale Ressource von wirtschaftlicher Entwicklung und Wohlstand darstellen, ist Begabungs- und Kreativitätsförderung als Quelle der Innovation das Gebot der Stunde.

16. Mai 2014, 16:30-18:15 Uhr
Vortrag / Was wirkt im Unterricht? - Die Hattie-Studie und ihre Implikationen für die Gestaltung lernwirksamen Unterrichts
Prof. Dr. Frank Lipowsky / Miriam Lotz (Universität Kassel / Universität Bamberg)

Kaum eine Forschungsarbeit hat in den letzten Jahren eine derartige Aufmerksamkeit erlangt wie die Studie des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie. Er fasst die Ergebnisse von etwa 800 internationalen Metastudien zusammen und leitet daraus ab, welche Merkmale für das Lernen wirklich relevant sind. Ein besonders wichtiges Ergebnis ist dabei, dass viele der wirkungsmächtigen Faktoren auf der Ebene des Unterrichts liegen, also von den Lehrpersonen selbst beeinflusst werden können. Ausgehend von der Hattie-Studie, der bislang größten Meta-Analyse über Einflussfaktoren auf das Lernen, werden im Vortrag verschiedene Merkmale guten Unterrichtens thematisiert. Dabei wird sowohl auf empirische Ergebnisse zu deren Wirksamkeit als auch auf praktische Hinweise zur Umsetzung der einzelnen Merkmale im Schulalltag eingegangen.

16. Mai 2014, 18:30-19:30 Uhr
Vortrag / Kreativität messen und fördern
Dr. Nicole Berner /Caroline Theurer (Universität Augsburg / Universität Kassel)

Kreativität ist nicht nur im musisch-künstlerischen Bereich von Bedeutung, sondern auch als übergreifendes Bildungsziel in den Bildungsplänen der verschiedenen Bundesländer fest verankert. Obwohl der Förderung der Kreativität also eine hohe Relevanz zukommt, ist bislang wenig darüber bekannt, wie Kreativität im Grundschulalter gefördert werden kann. Im Vortrag wird zunächst dargestellt, wie im Rahmen der Grundschulstudie "PERLE – Persönlichkeits- und Lernentwicklung von Grundschulkindern" Kreativität gemessen wurde. Daran anschließend wird berichtet, wie sich die Kreativität der untersuchten Grundschulkinder über die Grundschulzeit hinweg entwickelt hat. Schließlich wird überprüft, welche Merkmale die Kreativitätsentwicklung erklären können. Dabei werden sowohl internale als auch schulische und familiale Bedingungen berücksichtigt. Dazu werden vielfältige Datenquellen genutzt: So werden Daten aus Tests, aus Schüler-, Eltern- und Lehrerfragebögen sowie aus Videoanalysen herangezogen.

17. Mai 2014, 09:00-10:15 Uhr
Vortrag / Das Problem der bildnerischen Begabung als Aspekt der Kreativitätsentwicklung
Prof. Dr. Frank Schulz (Universität Leipzig)

Die bildnerische Begabung umfasst hochkomplexe Dispositionen für das Vollbringen von Leistungen, die zum bildsprachlich gestalteten Ausdruck ganzheitlicher Beziehungen zur Wirklichkeit und entsprechenden Erfahrungen, Erlebnissen und Erkenntnissen führen. Im Vortrag wird verdeutlicht, dass - um Unterschied zur Entwicklung der Kinder und Jugendlichen in anderen Begabungsbereiche - besondere Auffälligkeiten in der Entwicklung der bildnerischen Begabung durch das so genannte "bildermächtige Alter" (Hans Meyers) überdeckt werden und in der Regel erst in der Pubertät deutlicher zutage treten. Das heißt aber nicht, dass die Förderung erst dann einsetzen sollte, im Gegenteil: Von Kind auf spielt die Förderung bildnerischer Begabungen im Zuge der Entwicklung des konkret-anschaulichen Denkens überhaupt und zu erwartender Transfereffekte beim Vollzug kreativer Tätigkeiten schlechthin eine große Rolle. Es soll gezeigt werden, dass die Förderung in Übereinstimmung mit der bildnerischen Ontogenese erfolgen muss, und wie sich diese wiederum in einzelnen Darstellungsfeldern wie menschliche Figur, Raum und Dingwelt überraschend uneinheitlich vollzieht. Daraus sollen im Vortrag Förderschwerpunkte bzw. -strategien in Krippe/Kita, Grundschule, Orientierungsstufe und Gymnasium abgeleitet werden.

17. Mai 2014, 10:30-12:15 Uhr
Workshop / Sächsisches Landesgymnasium St. Afra - Mehr als eine Schule
Dr. Ulrike Ostermaier (Meißen, Sächsisches Landesgymnasium St. Afra, Schulleiterin)

An der ehemaligen Meißner Fürstenschule eröffnet der Freistaat Sachsen seit 2001 Freiraum für Hochbegabte. Am Landesgymnasium Sankt Afra leben und lernen ca. 300 Jugendliche mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten. Die Schule mit Internat verfolgt ein generalistisches Bildungskonzept. Besonders im Austausch entfalten sich Verantwortungsgefühl und akademische Exzellenz. Dabei geht es nicht allein um Schulerfolg; viele Hochbegabte brauchen ein besonderes Umfeld, um ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten mit und für andere entfalten zu können. Was zunächst als Entwurzelung erscheinen mag, bewährt sich durch die Gemeinschaft als Verwurzelung: Dank intensiver Kommunikation und klarer Verbindlichkeiten entstehen Formen von Selbstständigkeit. Hochbegabung zeigt sich nach Renzulli in einer Schnittmenge von überdurchschnittlichen Fähigkeiten, hoher Kreativität und intensiver Aufgabenzuwendung. Diese drei Begabungsfaktoren entwickeln sich nur in der Ganzheit von intensiver Begleitung und Förderung. Hohen Begabungen in mehreren Bereichen kommt Sankt Afra mit einer generalistischen Bildung entgegen. Diese besteht aus einem vielfachen Mehr an Angeboten. Durch die Kombination von Enrichment und Akzeleration wird der Versuch unternommen, die von hochbegabten Kindern häufig erlebte Diskrepanz zwischen ihrer eigenen Lernfähigkeit und der erzwungenen Lerngeschwindigkeit aufzuspüren und zu vermindern. Auf der Basis eines Kerncurriculums werden Inhalte in addita fächerverbindend vertieft. Von Beginn an werden Formen wissenschaftlichen Arbeitens gefördert. Von entscheidender Bedeutung ist das afranische Mentoring. In der Lebens- und Lerngemeinschaft können sich die verschiedenen Potenziale und Energien Hochbegabter in einem kreativen Prozess entfalten und gegenseitig bereichern. Dies ist die Grundlage für die Entwicklung zu einer educated person - nach afranischem Verständnis ein urteilsfähiger Generalist, der auch sensibel, kompromissbereit, durchsetzungsfähig und belastbar ist. Erforderlich dazu ist die Bereitschaft, Herausforderungen zu suchen und anzunehmen, um in gegenseitigem Respekt, Vertrauen, Phantasie und Humor Gemeinschaft in vielfältigen Formen weiterzuentwickeln. Die Förderung akademischer Exzellenz innerhalb eines sozialen Spannungsfeldes, wie es ganz besonders das Internat bietet, ist eine hervorragende Möglichkeit, die Zukunftsressource Bildung zu sichern.

17. Mai 2014, 10:30-12:15 Uhr
Workshop / Mit Billard zum Olymp
Dr. Heike Hagelgans (Universität Leipzig, Immanuel-Kant-Gymnasium Leipzig)

  • Spannende Lernumgebungen am Beispiel des Sachkunde-, Mathematik- und Physikunterrichts
  • Erfolgreiche Wege aus dem Underachievement – ein schulisches Praxisprojekt

In einem ersten Teil werden im Workshop kreative Lernumgebungen aus dem Sachkunde- und mathematisch-physikalischen Unterricht vorgestellt, die fachlich forschendes und personales Lernen auf spannende Art und Weise miteinander verbinden, in einem Bezug zu den Lebenswelten der Heranwachsenden stehen und vom Ziel einer Begabungsförderung als Persönlichkeitsentwicklung getragen sind. Der zweite Teil gibt Einblicke in ein Praxisprojekt aus Grundschulen und Gymnasien, das sich der ganzheitlichen Förderung von Underachievern im schulischen Kontext zuwendet. Dieses Projekt wurde 2011 mit dem Karg-Preis der Karg-Stiftung für sein Wirken für Underachiever ausgezeichnet. Es werden die Möglichkeiten einer erfolgreichen Förderung von Underachievern im Alltag von Schule, auch unter Einbezug von Falldarstellungen, diskutiert. Diese Darstellung wird durch die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitstudie untermauert.

17. Mai 2014, 10:30-12:15 Uhr
Workshop / Hochsensiblität bei Kindern und Jugendlichen mit und ohne kognitive Hochbegabung
Barbara Schöpf (Dresden, Diplompsychologin/Familientherapeutin)

Der Workshop befasst sich über theoretischen Input und praktische Übungen mit folgenden Fragen: Wenn wir Schüler mit Begabungen besser verstehen und fördern wollen – welche Beiträge kann dazu das Konzept der Hochsensibilität leisten? Heißt hochbegabt auch hochsensibel oder wie verhält sich das? Welche Begleitung brauchen Kinder, die zu einer vertieften Wahrnehmung in der Lage sind?

17. Mai 2014, 13:15-15:00 Uhr
Workshop / Begabungen finden, fördern, herausfordern - Unterstützungsmöglichkeiten durch die Beratungsstelle zur Begabtenförderung im schulischen Kontext
Dr. Heike Petrereit (Sächsische Beratungsstelle zur Begabtenförderung)

Alle Schüler haben das Recht auf Förderung entsprechend ihrer jeweiligen individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen (Sächsisches Schulgesetz § 35a). Dabei kommt es darauf an, Entwicklungsbesonderheiten und Begabungen zu erkennen und die Gestaltung des Unterrichts daran zu orientieren. Die verbreitete Annahme, überdurchschnittlich begabte Schüler könnten auch ohne Förderung ihr Potential entfalten, trifft nicht immer zu. Das Sächsische Staatsministerium für Kultus hat im Jahr 2008 die Beratungsstelle zur Begabtenförderung (BzB) eingerichtet, um Schülern, Eltern und Lehrern Unterstützung beim Erkennen und Fördern besonderer Begabungen zu geben. Anliegen der Beratung ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Es werden keine "fertigen" Lösungen für Probleme angeboten. Es soll Schülern und deren Eltern die Möglichkeit gegeben werden, eigene Ziele zu erkennen und Probleme schrittweise zu lösen. Durch das Zusammenwirken von psychologischen und pädagogischen Sichtweisen im Beratungsprozess können differenzierte Lösungen erarbeitet werden.

Im Workshop soll anhand von Fallbeispielen verschiedener Jahrgangsstufen und Schularten diese professionsübergreifende Arbeitsweise der Beratungsstelle exemplarisch veranschaulicht werden.

17. Mai 2014, 13:15-15:00 Uhr
Workshop / Wir reden miteinander - Gespräche Eltern-Schüler
Barbara Schöpf (Dresden, Diplompsychologin/Familientherapeutin)

Die förderlichen Haltungen für ein gelingendes Gespräch sind häufig schon bekannt, mit praktischen Übungen wollen wir uns erinnern und erneut erproben und die Wirkung bewusster wahrnehmen. Eine feste Struktur aus einem Gesprächsmodell wird vorgestellt, weil sie helfen kann, in schwierigen Gesprächssituationen mehr Sicherheit zu gewinnen. Das Konzept für diesen Workshop wurde von aktiven Mitgliedern der DGhK erarbeitet. Die Teilnehmer des Workshops setzen sich mit geäußerten Erwartungen von Elternhaus und Schule auseinander und nehmen Bedürfnisse dahinter wahr. Sie entwickeln Möglichkeiten, eine Win-win-Situation für beide Seiten zu schaffen. Die Teilnehmer stellen Erwartungen von Eltern begabter Kinder und Lehrer- Erwartungen an eben diese Eltern gegenüber. Sie leiten aus den Erwartungen beider Seiten die dahinter liegenden Bedürfnisse ab. Die Teilnehmer erstellen mögliche, zielführende Schritte, um die Bedürfnisse begabter Kinder unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Möglichkeiten von Schule teilweise in Übereinstimmung zu bringen.

17. Mai 2014, 15:30-16:45 Uhr
Vortrag / Mental fit in der Schule
Dr. Siegfried Lehrl (Erlangen, Gesellschaft für Gehirntraining e. V.)

Wir beschränken uns auf die Frage: Wie erreichen Schüler akut (Minuten- und Stundenbereich) und langfristig (Wochen- und Monatsbereich) ein möglichst hohes geistiges Leistungsniveau? Ein sehr wirksamer und gleichzeitig effizienter Ansatz zur mentalen Leistungssteigerung nimmt als Ausgangspunkt die "biotischen Basiskomponenten" (H.-G. Mehlhorn 1988) der menschlichen Informationsverarbeitung und -speicherung. Hervorzuheben sind die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (IVG) und die Merkspanne. Ihr Produkt ist die Arbeitsspeicherkapazität, die Basis von fluider Intelligenz, positiv korrelierend mit guten Schulnoten, mentaler Gesundheit und - später - beruflichem Erfolg und Lebensdauer, zudem gegen Altersdemenz schützend. Die Arbeitsspeicherkapazität lässt sich stark fördern, zu schätzungsweise 1/3 durch mentale Einflüsse. Um das Maximum nach dem entspannten Wachzustand zu erreichen, bedarf es einer Aufwärmphase von 5 bis 10 Minuten. Die individuelle geistige Hochleistungsphase kann etwa 20 bis 90 Minuten dauern. Sie bewirkt u. a. eine nachhaltige IQ-Steigerung bzw. -Erhaltung. Um Erschöpfung vorzubeugen, sollte eine "echte" Entspannungsphase und nicht nur eine Ablenkung folgen.

V. Weiss & H.-G.Mehlhorn hatten bereits 1980 die Verankerung von biotischen Basiskomponenten im Körperlichen nachgewiesen. Daran setzen das "gehirngerechte" Essen, Trinken, Sich-Bewegen, Schlafen usw. an, die bei "Gesunden" zusammen 2/3 zu den Steigerungen der Arbeitsspeicherkapazität beizutragen scheinen. Die mentalen und "gehirngerechten" somatischen Maßnahmen, insgesamt als "Brain-Tuning" bezeichnet (S. Lehrl & P. Sturm 2013), wurden an Grund- und Realschülern sowie Gymnasiasten (n > 1.000) überprüft. Im Vergleich zu Kontrollpersonen stiegen die Arbeitsspeicher erheblich an (ø 45 %), sogar bei den Schülern mit den höchstens Ausgangsniveaus. Dabei erhöhte sich außer der für Kreativität wichtigen Merkspanne auch das Selbstvertrauen, eine Persönlichkeitseigenschaft, die nach M. J. Kirton (1987) neben der fluiden Intelligenz / Arbeitsspeicherkapazität für Kreativität erforderlich ist. Durch ein Arbeitsspeicher-Management lassen sich also sowohl langfristig weit höhere geistige Leistungskapazitäten erreichen als auch der Verlauf der mentalen Fitness im Unterricht steuern. Im Vortrag werden viele Beispiele für effiziente mentale und körperliche Maßnahmen präsentiert.

 

 

 

 

 

 

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